Umwelt- und klimabewusst investieren: Das „E“ in ESG
Nachhaltige Geldanlage gewinnt unter Anlegern immer größere Bedeutung. Der für die meisten wohl wichtigste Aspekt ist dabei der ökologische, das „E“ unter den ESG-Kriterien.
Nachhaltigkeit betrifft uns alle. Umwelt-, Sozial- und Governance-Fragen (ESG) sind universelle Themen, die für alle relevant sind. Der kritischste Faktor ist dabei der Umweltfaktor, das „E“ in ESG. Umweltschäden sind nämlich nur sehr schwer rückgängig zu machen. Gerodete Regenwälder können nicht leicht nachwachsen, Wüstenbildung als Folge schädlicher Bodenbewirtschaftung ist eine dauerhafte Katastrophe und Tier- oder Pflanzenarten sind – wenn sie einmal ausgestorben sind – unwiederbringlich verloren.
Der Einsatz für den Erhalt der Biodiversität, gegen die Umweltverschmutzung, für den Klimaschutz, saubere Luft und viele weitere Bereiche des Umweltschutzes hat aber auch ganz klare wirtschaftliche Aspekte. Während Umweltschäden früher als Nebeneffekt des Wirtschaftswachstums toleriert wurden, als ein Preis, der für das Wachstum gezahlt werden muss, weiß man heute, dass sie das Wirtschaftswachstum bremsen und eine Bedrohung und ein Hindernis für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung darstellen. Kapital, das in den Umweltschutz investiert wird, bringt dagegen eine messbare Rendite – und darin liegt der Schlüssel zum „E“ in ESG.
Umweltschutz als Leitgedanke
Für eine rasch wachsende Gruppe von Anlegern gilt daher auch schon, dass Umweltbewusstsein und die nachhaltige Nutzung begrenzter Ressourcen bei der Geldanlage entsprechendes Gewicht haben muss und Investitionen in nachhaltige Wertpapiere – Aktien von Schlüsselunternehmen oder den Nachhaltigkeitskriterien entsprechende Fonds – eine konkrete Leitlinie sind. Das zeigt sich an konkreten Zahlen: Im Jahr 2020 verzeichneten nachhaltige Fonds und ETFs, die europäischen Anlegern zur Verfügung stehen, Nettomittelzuflüsse in Höhe von 233 Milliarden Euro – fast doppelt so viel wie im Jahr 2019. Allein im vierten Quartal zogen nachhaltige Fonds fast 100 Milliarden Euro an Nettomittelzuflüssen an und machten damit 45 Prozent der gesamten Zuflüsse in europäische Fonds aus.
Angetrieben von diesen Zuflüssen in Rekordhöhe, der Umgestaltung konventioneller Fonds und steigenden Finanzmärkten erhöhte sich das Vermögen europäischer nachhaltiger Fonds im vergangenen Jahr gegenüber 2019 um 52 Prozent und erreichte Ende Dezember ein Volumen von 1,1 Billionen Euro. Im Vergleich dazu stieg das Vermögen des gesamten europäischen Fondsuniversums lediglich um drei Prozent.
Selbst als kleiner Privatanleger, der vielleicht nur monatlich 100 Euro in einen Fonds-Sparplan einzahlt, kann man auf einem solchen Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen. Als Investor entscheidet man, wo und wie das Kapital angelegt und in welche Unternehmen es investiert wird. Und die Möglichkeiten, nachhaltig zu investieren werden immer vielfältiger. Die EU-Kommission hat etwa im September 2021 angekündigt, bis zum Jahr 2026 Green Bonds – also Grüne Anleihen – im Umfang von bis zu 250 Milliarden Euro auszugeben, um damit Klimaschutzprojekte in Europa zu finanzieren.
Technologie als Motor
Umweltschutz in der Wirtschaft – das ist keineswegs ein Thema, bei dem man an nur an Produkte wie Jute-Tragtaschen, ökologische Kleidung oder Biologische Landwirtschaft denken sollte. Umweltschutz ist ein absolutes High-Tech-Business. Technologie, Know-how und die technologische Entwicklung spielen dabei eine essenzielle Rolle – ob für die saubere Energieerzeugung, die effiziente Nutzung von Energie beim Transport oder die Reduzierung der Umweltbelastungen in der Fertigung und der industriellen Produktion. Entsprechend strukturiert sind auch die meisten nachhaltigen Fonds: darin sind zahlreiche Technologie-Unternehmen gelistet.
Der Einsatz und die Entwicklung neuer Technologien sind erforderlich, um die gigantischen Aufgaben, die im Zuge der Bekämpfung des Klimawandels auf die Wirtschaft zukommen, bewältigen zu können. Die Internationale Energieagentur hat 2018 ausgerechnet, dass die Nachfrage nach Öl durch technologischen Fortschritt um 67 Millionen Barrel pro Tag gesenkt werden könnte: dies entspricht zwei Drittel der aktuellen weltweiten Nachfrage. Dafür sind allerdings massive Investitionen erforderlich, die in der Folge Chancen auf neues, ökologischeres Wachstum eröffnen.
Diese Chancen können auch Privatanleger durch Investments in nachhaltige Fonds nützen.
Klimaschutz als Auftrag
Schon in den 1970er Jahren entwickelte der Ökonom William D. Nordhaus erstmals eine Theorie über die wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels. Zwei Jahrzehnte später entwickelte er das Dynamic Integrated Model of Climate and the Economy (DICEModell), mit dem diese Folgen beurteilt werden konnten und für das er 2018 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet wurde. Die Europäische Kommission hat anhand des Modells versucht, die finanziellen Auswirkungen von Naturkatastrophen auf die Produktivität der europäischen Wirtschaft, die öffentliche Gesundheit, die Artenvielfalt und die politische Stabilität zu bewerten. Dabei wurden Kosten von 283 Milliarden Euro errechnet.
Massiv Gegensteuern ist also die Devise. In ihrer Roadmap für eine klimaneutrale EU-Wirtschaft bis 2050 und die Begrenzung der Erderwärmung gegenüber dem Jahr 1990 auf 1,5 Grad kalkuliert die EU-Kommission mit einem jährlich zusätzlich notwendigen Investitionsvolumen von 175 bis 290 Milliarden Euro.
Ein besonderer Hebel dafür liegt in der Finanzwirtschaft und bei den Investoren, denn jede Investition hat auch Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft. Und Investitionen in die Umwelt haben definitiv Zukunft.