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Mit Aktionsplan zur nachhaltigen Finanzierung hat die EU 2018 die Weichen in Richtung eines nachhaltigen Finanzsystems gestellt. Ab März 2022 müssen Banken und Wertpapierfirmen bei der Kundenberatung die Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen.

Einfach mal schnell die Welt retten, das Klima reparieren und die Weichen dauerhaft auf Nachhaltigkeit stellen? Ganz so einfach geht das leider nicht, aber mit vielen kleinen Schritten kommt man der Sache Zug um Zug näher. Ein wesentlicher Faktor dabei ist das Finanzsystem: Die Geldflüsse sollen Richtung Nachhaltigkeit umgelenkt werden.

Im März 2018 hat die EU dafür den Aktionsplan „Nachhaltige Finanzierung“ (Sustainable Finance) veröffentlicht und damit den Grundstein für einen rechtlichen Rahmen gelegt, der die ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung) in den Mittelpunkt des Finanzsystems stellt und einer nachhaltigeren, umweltfreundlicheren und widerstandsfähigeren Wirtschaft den Weg ebnet. Dafür wurden drei Hauptziele definiert.

  1. Kapitalflüsse auf nachhaltige Investitionen umlenken
    Die EU hat dafür eine Taxonomie erstellt, nach der eine Investition nur dann als nachhaltig gewertet wird, wenn sie zumindest zu einem von sechs Umweltzielen beiträgt und gleichzeitig auch keines der Ziele beeinträchtigt. Diese Ziele sind der Klimaschutz, die Anpassung an den Klimawandel, die nachhaltige Nutzung und der Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Abfallvermeidung und Recycling, Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie der Schutz gesunder Ökosysteme und der Biodiversität.
    Die Unternehmen müssen zudem internationale soziale und arbeitsrechtliche Mindeststandards einhalten und es müssen in der Finanzberatung Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt werden. Konkret bedeutet das, dass Kunden bei der Anlageberatung gezielt auf nachhaltige Produkte hingewiesen werden müssen und dass den Kunden kein Produkt verkauft werden darf, dass nicht ihren Nachhaltigkeitsvorstellungen entspricht.
    Im April 2021 wurde von der EU Kommission ein entsprechendes Gesetz verabschiedet, das sich auf die MiFID II Verordnung („Market in Financial Instruments Directive“) auswirkt und die entsprechenden Leitlinien festhält.

  2. Einbettung der Nachhaltigkeit in das Risikomanagement: Finanzielle Risiken aus dem Klimawandel, der Ressourcenknappheit, der Umweltzerstörung und sozialen Problemen berücksichtigen.
    Die Finanzmarktakteure müssen Nachhaltigkeit auf allen Ebenen in ihrem Risikomanagement berücksichtigen. Das bedeutet, dass etwa Klima- oder Umweltrisiken in die Bewertungen von Unternehmen einfließen müssen. Unternehmen sollen so zu langfristigem Denken und zu nachhaltigem Denken gebracht werden. Außerdem müssen die Risiken, die sich durch die Klimaziele und die Umgestaltung der Wirtschaft in Richtung CO2-Neutralität ergeben, ebenfalls berücksichtigt werden.

  3. Förderung von Transparenz und Langfristigkeit in der Wirtschaft und der Finanzwelt
    Unternehmen werden verpflichtet, ihre Aktivitäten im Sinne der Nachhaltigkeit offenzulegen und klare Informationen über ihre Unternehmensführung (Governance) und ihre sozialen Initiativen und Aktivitäten abzugeben. Größere und börsennotierte Unternehmen sollen einen Nachhaltigkeitsberichterstellen und müssen nachweisen, dass sie den ESG-Kriterien entsprechend agieren und ihre diesbezüglichen Pflichten erfüllen. Das Deutsche Lieferkettengesetz, das mit Jänner 2023 in Kraft tritt, geht dabei sogar noch einen Schritt weiter. Unternehmen müssen demnach die Erfüllung der Nachhaltigkeitskriterien nicht nur intern, sondern über die gesamte Lieferkette unter Beweis stellen. Das betrifft alle Lieferanten und Vorlieferanten entlang der gesamten Lieferkette. So sollen menschenrechtswidrige Produktionsverfahren und Arbeitsbedingungen ausgeschaltet und die Umwelt und das Klima effizient geschützt werden. In einem ersten Schritt gilt dieses Lieferkettengesetz für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern, ab 2024 wird es auch für Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitern gelten. Die stark exportorientierte österreichische Wirtschaft mit ihrer engen Verflechtung zu Deutschland wird demnach ab 2023, spätestens ab 2024 ebenfalls die Bedingungen des Deutschen Lieferkettengesetzes einhalten müssen.